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Samstag, 25. Dezember 2010

Zhongli 1 K 2-11, Der Herzmeridian: Ein lebenswichtiger Meridian

Zum Inhalt:

Die menschlichen Emotion sollte nicht durch eine Gegenkraft unterdrückt werden. Sie sollten Ihren Emotionen freien Lauf lassen können.

Ein Leser meines Blogs, der selbst Arzt ist und die Akupunkturabteilung einer TCM-Klinik leitet, schrieb mir einmal eine E-Mail. In dieser E-Mail erzählte er, dass er die Wirkungen des Herzmeridians noch nicht gut genug kenne und er zur Behandlung von Schlaflosigkeit und Herzproblemen überwiegend nur die Punkte Shen-Men (HT7) und Shao-Fu (HT8) auf dem Herzmeridian heranziehe. Er wollte also wissen, wie man den Herzmeridian noch nutzen könne. Seine E-Mail erinnerte mich an eine Begegnung, auf die ich sehr stolz war. Das war im Frühling vorletzten Jahres. Ich machte Urlaub in Singapur und war bei meinem Freund Jason untergebracht. An einem Abend, als wir gerade zu Hause Tee tranken, bekam Jason gerade einen Anruf. Ein englischer Freund von ihm war plötzlich krank geworden und konnte nicht mehr sprechen. Jasons Freund bat ihn, schnell zu ihm zu kommen. Jason fragte mich, ob ich den Hausbesuch mit ihm gemeinsam machen würde. Ich war einverstanden und wir eilten zu seinem Freund. Unterwegs erzählte mir Jason, dass dieser englische Freund, die chinesische Kultur sehr mag und sehr gut kennt. Beide unterhielten sich oft darüber, auch wenn der englische Freund bereits 75 Jahre alt und Jason noch ziemlich jung war.

Als wir ankamen, saß der Engländer gerade auf dem Sofa mit seinem Arm auf der Lehne aufgestützt. Seine Augen funkelten und er sah eigentlich überhaupt nicht krank aus. Sein Hausarzt war schon vor uns gekommen und sollte der bekannteste Schulmediziner vor Ort sein. Der Arzt behauptete, dass die Hirnarterie des Engländers nicht in Ordnung sei und er am besten bald zurück nach England gehen und sich dort behandeln lassen solle. Jetzt aber solle sofort in die Klinik gehen und sich dort untersuchen lassen. Der Engländer schüttelte den Kopf und war eindeutig nicht damit einverstanden. Mein Freund Jason stellte mich ihm vor und sagte, dass ich ihn mit meinen TCM-Methoden zu behandeln versuchen könne. Er machte große Augen und sah mich überrascht an. Ich bat ihn, seine Hand auszustrecken und fing an seinen Puls zu fühlen. Sein Puls war ziemlich kräftig, schon fast zu kräftig. Dies bedeutete, dass er Leberfeuer und viel Schleim besaß. Außerdem war sein Puls recht angespannt und schlug schnell. Er öffnete mühsam seinen Mund, als ich ihm deutlich machte, dass ich noch seine Zunge sehen wollte. Ich sah, dass seine Zunge gekrümmt auf der Seite lag und an einer Stelle sogar leicht blutete. Dies kam vom Zusammenbeißen der Zähne. Seine Hausangestellte erzählte uns, dass er vor ein paar Jahren einen Schlaganfall gehabt hatte und sein linker Arm dadurch nicht sehr gelenkig sei. Ansonsten sei eigentlich alles in Ordnung. Am Tag vor unserem Besuch hatte er etwas Wein getrunken, konnte dann nicht mehr richtig sprechen und biss sich beim Essen biss immer wieder auf die Zunge. Es war ihm nicht möglich, das Essen wie gewöhnlich herunterzuschlucken, bis ihm letztendlich sogar das Mundöffnen Schwierigkeiten bereitete. Meiner Meinung nach hatte er bereits im Moment unserer Anwesenheit einen Schlaganfall in der Anfangsphase. Der Wind in seiner Leber war unruhig und auch der Schleim in seinem Körper deckte Vieles zu. Sein Herzmeridian war ebenfalls verstopft. Da die Zunge einen direkten Zugang zum Herzmeridian hat, zeigten sich die meisten Symptome an seiner Zunge.

Der Engländer war körperlich ziemlich stark und um seinen Schleim zu lösen und den Wind in seiner Leber zu vertreiben, hätte ich ihm eigentlich gleich die An-Gong-Niu-Huang-Wan-Kügelchen (Kügelchen aus Rinderbezoarstein zur Behandlung eines Herzinfarktes – vom Übersetzer) verabreichen können. Leider hatte ich diese aber nicht dabei. Auch meine Akupunktursachen hatte ich nicht bei mir. Ich schlug also vor, die betroffenen Stellen mit einem Esslöffel zu schaben. Jason übersetzte meinen Vorschlag ins Englische. Der Hausarzt des Engländers war sofort empört und sagte ein paar Mal hintereinander: „No, no, no!“ Der Engländer hingegen freute sich und wollte mitmachen. Sein Hausarzt zog ein langes Gesicht und saß sprachlos auf einem anderen Sofa. Ich durchsuchte die Küche des Engländers und fand einen Holzlöffel, der ziemlich fein gearbeitet war. Außerdem fand ich auch ein Fläschchen Olivenöl, welches ich brauchte. Ich half dem Engländer, sein Oberteil auszuziehen und seinen linken Arm auszustrecken. Er hatte recht feste Muskeln. Ich begann am Ji-Quan-Punkt (HT1, in der Achselhöhle – vom Übersetzer) seinen Herzmeridian auf dem linken Arm zu schaben. Mit dem Holzlöffel ging es ganz gut, sogar besser als mit dem Schaber. Während des Schabens unterhielt ich mich mit ihm: „Wie fühlen Sie sich?“ Der Engländer lächelte und nickte, so als ob er gerade ein tolles Musikstück genoss. Dass Sha zeigte sich sehr schnell und nach einer kurzen Weile konnten wir auf seinem linken Arm bereits einen lila- bis schwarz-farbigen Streifen sehen, so als ob sein Arm verletzt worden wäre. Sein Hausarzt war sehr beunruhigt und bat mich, sanfter zu schaben. Nach ca. 10 Minuten, während ich den Lin-Dao-Punkt (HT4, am Handgelenk – vom Übersetzer) schabte, hustete der Engländer plötzlich ganz heftig und ein gelblicher Schleim lief aus seinem Mund. Er zeigte mir anschließend seinen Daumen und sprach sehr deutlich auf Englisch: „Wonderful!“ Ich lächelte zurück und drückte 1 Minute lang noch den Shen-Men-Punkt (HT7), um das restliche Feuer aus dem Herzmeridian auszutreiben. Gleichzeitig aber massierte ich den Da-Du-Punkt (SP2, auf dem Milzmeridian auf der Innenseite des großen Zehs – vom Übersetzer) mit meiner anderen Hand, um Qi und Blut vom Milzmeridian in den Herzmeridian überzuleiten. Als Letztes presste ich 1 Minute lang den Tai-Bai-Punkt (SP3, auf dem Milzmeridian – vom Übersetzer), damit das übrige Leberfeuer auf dem Milzmeridian gespeichert werden und nicht nutzlos herausfließen konnte. Meine Behandlung dauerte insgesamt 30 Minuten. Als ich mir die Zunge des Engländers wiederholt ansah, konnte er seine Zunge schon wieder ganz normal bewegen und sie befand sich dort, wo sein sollte.

Der Engländer war überglücklich und lief mit großer Begeisterung und großen Schritten in seinem Wohnzimmer hin und her. Danach verschwand er für eine Weile in seinem Keller und als er wiederkam, hielt er eine Flasche Champagner in der Hand, der laut seiner Aussage 150 Jahre alt gewesen sein sollte. Er lud uns ein, mit ihm zusammen ein Gläschen zu trinken. Sein Hausarzt stand eilig auf und gab mir ein Zeichen, dass wir den englischen Patient gemeinsam vom Trinken abhalten sollten. Der Hausarzt sagte, dass der Engländer dieses Mal ja am Alkohol erkrankt war und er deshalb auf keinen Fall wieder trinken solle. Ich nickte dem Engländer zu, da ich wusste, dass der Engländer eine Körpereigenschaft mit einem starken Leber-Qi besaß und Schleimfeuer hatte. Als er das letzte Mal Alkohol getrunken hatte, kam die Wärme des Weines hoch und verteilte sich in seinem ganzen Körper. Das Schleimfeuer blockierte seinen Herzmeridian und verursachte den leichten Schlaganfall. Nun war der Schleimknoten aufgelöst und das überflüssige Leberfeuer konnte abgeleitet werden. Der Herzmeridian fing gerade wieder an, normal zu funktionieren. Ein bisschen Alkohol könnte daher den Meridian erwärmen und frei machen. Die restliche Stauung, wenn es überhaupt noch eine gab, könnte auf diese Weise beseitigt werden. Außerdem sollte die menschliche Emotion nicht durch eine Gegenkraft unterdrückt werden. Er sollte seinen Emotionen freien Lauf lassen können, vor allem Menschen wie der Engländer mit einem direkten Charakter.

Ich hielt ein Glas Champagner in der Hand und ließ das Bouquet des Champagners in meine Nase eindringen. Beim Trinken fand ich nichts besonders an dem Champagner, aber unser Engländer war sehr begeistert und stolz auf ihn. Dieser Champagner war vielleicht für mich als Nicht-Weinkenner eher eine Verschwendung, aber mein Herz war genauso glücklich und stolz. Von diesem Gefühl hätte auch ich mich betrinken können.

Ich weiß nun, dass der Herzmeridian eines Ausländers dem eines Chinesen gleicht. Ich hoffe so sehr, dass die TCM eines Tages als chinesisches Kulturerbe auch auf der ganzen Welt Anerkennung findet, ebenso wie es der französische Schnaps Remy Martin tut, der überall bekannt ist.
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